Acebuchal - Das verlassene Dorf
Aktualisiert: 20. Feb. 2020
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Im Hinterland von Nerja, kurz hinter dem als ‚schönstes Dorf von Andalusien‘ bekannten Frigliana, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Acebuchal liegt in den Bergen, im Nationalpark der Sierra Tejada, Almihara und Alhama in der Axarquia Region. 1948 wurde es verlassen. Die Natur eroberte sich ihr Reich zurück, die Häuser verfielen. Erst im Jahr 1998 – 50 Jahre später! – kehrte ein ehemaliger Bewohner zurück, und hauchte Acebuchal wieder Leben ein.
Auf Spanisch heißt der Ort bis heute El Pueblo perdido - "Das verlorene Dorf" - oder El Pueblo Fantasma - "Das Geisterdorf".
Acebuchal wurde ursprünglich im 17. Jahrhundert gegründet und liegt auf der Route der alten Maultierwege, die zwischen Granada und Malaga verliefen. Das Dorf war immer eine wichtige Station für die Maultiertreiber, die hier eine Verschnaufpause einlegten und ihre Vorräte wieder auffüllten. Mensch und Tier erholten sich und sammelten neue Kräfte für die beschwerliche Reise durch die weiten andalusischen Berge.
Bürgerkrieg und Franco Der Spanische Bürgerkrieg 1936 - 1939 brachte schwere Zeiten. Wie viele andere andalusische Dörfer, wurde auch im friedlichen Frigiliana und Acebuchal während des spanischen Bürgerkrieges viel Unrecht verübt. Frigiliana wurde im Juli 1936 von den Republikanern als "Rotes Dorf" erklärt. Doch die Faschisten nahmen das Dorf im Februar 1937 ein und übten Rache an jedem, der ihnen zu kommunistisch vorkam.
Es folgten Erschießungen und Gräueltaten. Diese Terrorherrschaft trieb viele Dorfbewohner in die umliegenden Berge, wo sie eine linke Guerillabewegung bildeten, die von einen aufmüpfigen Einheimischen namens José Muñoz Lozano angeführt wurden. Die wilden Bergmänner nannten sich "Marquis" und versteckten sich in den Wäldern und im Dorf, um von hier gegen die faschistischen Besatzer zu kämpfen. Der Bürgerkrieg dauerte drei Jahre und endete 1939 mit dem Sieg Francos, dessen Häscher sämtliche Widerstandskämpfer aus den Dörfern vertrieben und verfolgten. Die "Marquis" waren ganz oben auf der Liste der andalusischen Aufmüpfigen.
Es begann ein blutiger Guerilla-Krieg gegen die von Franco eingesetzte Guardia Civil, der bis 1952 andauerte. Frigiliana und Acebuchal lagen direkt an der Frontlinie. Die Dorfbewohner wurden von beiden politischen Seiten drangsaliert, und letztendlich wurden die Bewohner von Acebuchal 1948 vertrieben.
Die 200 Bewohner des Dorfes waren nicht gewarnt worden. Sie flohen und hinterließen all ihre Habseligkeiten, ihre Häuser und ihr Vieh. In den folgenden 50 Jahren verfiel das Dorf.

Erst im Jahr 1998 kehrte Antonio Senior – El Zumbo! - der Sohn ehemaliger Dorfbewohner - nach Acebuchal zurück. Antonio Garcia Sénchez und seine Frau Virtudes machten sich daran, die Häuser im Dorf zu restaurieren, und wieder aufzubauen. Eine schwere Aufgabe, wenn man bedenkt, dass es bis 2003 weder Wasser noch Strom gab!
Zur gleichen Zeit nahm der ländliche Tourismus in der Gegend zu, und viele der im Exil lebenden Familien kehrten zurück. Heute sind 36 Häuser restauriert, es gibt eine Kapelle, zwei Restaurants und eine Pension. Das alte Kopfsteinpflaster ist ausgebessert und der ganze Ort erstrahlt in neuem Glanz!
Hübsche Pastellfarben, viel in Flieder und Blau gehalten, und farbenfrohe Blumen schmücken die Gebäude. Aus nostalgischen Gründen sind ein paar verfallene Häuser erhalten geblieben. Antonio und seine Familie betreiben heute das Restaurant im Ort „El Acebuchal“.
Restaurant Bar El Acebuchal!
Wow! Das Essen ist ein kulinarischer Hochgenuss. Eines der besten – wenn nicht DAS BESTE – was wir in der Gegend erleben durften. Die Küche ist den Jahreszeiten angepasst, viele Gerichte bestehen aus Ziegen, Lamm, Wildschwein, Kaninchen und Wild. Ganz klar Hausmannskueche. Selbst gekocht. Keine Mikrowellen-Pampe, die man an der Küste manchmal bekommt.
Als erstes kommt das hausgemachte Brot mit einem Teller Olivenöl und Kräutern (Rosmarin ist das Beste!) auf den Tisch. Der große Laib ist oft noch Ofen-warm. Wer es nicht aufessen kann, bekommt eine Papier-Tüte und nimmt das Brot mit nach Hause. Ich empfehle dazu einen Teller mit Wurst oder Käse zu bestellen! Die Chorizo und die Blut-Wurst sind unbeschreiblich lecker. Es folgt das Hauptgericht. Es ist schwierig hier etwas zu empfehlen, da alles kulinarische Hochgenüsse sind. Frisch. Ehrlich. Selbst gekocht. So, und wer dann noch kann, macht sich über die Kuchen oder das Eis her. Auch hier: Alles hausgemacht.
Der Innenraum des Restaurants gleicht ein wenig einem Museum: An den Wänden hängen unzählige Fotos, die die ehemaligen Bewohner, das Dorf und das tägliche Leben in den vergangenen Tagen zeigen. Antonio betreibt ein kleinen Geschäft im Ort, in dem er die hausgemachten Spezialitäten – Fleisch, Käse, Honig - verkauft.
Im Internet hält sich hartnäckig das Gerücht, das es bis heute kein Wifi gibt, und keine Kreditkarten akzeptiert werden. Das ist falsch. Es gibt WIFI und Kartenzahlungen sind akzeptiert. Das Restaurant hat im Winter von 10 - 18 Uhr geöffnet.

Die Anfahrt von Frigliana ist bis zum gut gekennzeichneten Abzweig einfach zu finden. Dann wird die Strasse einspurig, ist jedoch bis circa 2 Kilometer vor Acebuchal asphaltiert. Die letzten Kilometer sind eine Schotter-Piste, die für normale Autos gut zu befahren ist. Fuer Wohnmobile oder gar Busse ist das jedoch nicht machbar.
Wir waren an einem sonnigen Tag Mitte Februar in Acebuchal. Mit seiner grünen Wald Landschaft erinnerte es uns an Österreich und die Schweiz. Ein ruhiger Ort, immer noch abseits des touristischen Pfades. Ich dachte sogar daran, nicht darüber zu schreiben, um es ein bisschen geheim zu halten. Aber es ist zu schön. Und das Essen war zu gut. Hausgemacht. Eine toller Ausflug und sehr leckere Abwechslung zur Küste.
Dieser Youtube-Clip (und viele andere) zeigt das Dorf https://youtu.be/WGp61EXqvm0